Online-Chronik der Stadt Mügeln
 

Zur Historie des Mügelner Marktbrunnens

von Dr. Brigitte Hähnel-Uhlemann

Markt und Altmarkt der Stadt Mügeln sind seit längerer Zeit ins Gespräch gekommen; es geht um Neu- bzw. Umgestaltung beider Plätze, um vorrangig den verschiedenen Belangen von Gegenwart und Zukunft besser gerecht werden zu können sowie dem Mittelpunkt unserer Stadt einen würdigen und schöneren Anblick zu verleihen.

Bei diesem Vorhaben muss meines Erachtens der Marktbrunnen im Mittelpunkt der Betrachtungen und des allgemeinen Interesses stehen. Sprudelnde, von Figuren und Pflanzen umstandene Brunnen bilden an ihren Standorten – wo auch immer – willkommene Anziehungspunkte, die zur Erbauung und Erholung einladen, insbesondere dann, wenn sie mit einer Lichtquelle verbunden sind.

So war es auch für die Mügelner Bewohner ein höchst freudiges Ereignis, als ein vom Elektrizitätsverband Gröba gestifteter Lichtkandelaber mit Marktbrunnen am 30. Juni 1931 der Stadt auf dem Marktplatz übergeben wurde.

Dazu ist im Mügelner Anzeiger vom 1. Juli 1931 zu lesen:
Schlicht und einfach, ohne alle Feierlichkeiten, in Rücksicht auf die jetzige Notzeit, erfolgte am gestrigen Dienstag, dem 30.06.1931, vormittags gegen ½ 12 Uhr, im hiesigen Stadtverordnetensitzungszimmer die Übergabe und Übernahme des Lichtmastes mit Marktbrunnen vom E.-V. Gröba an die Stadt Mügeln folgender Eintrag gemacht:

„Der Elektrizitätsverband Gröba übergibt heute der Stadt Mügeln schenkungsweise einen auf dem Marktplatze errichteten elektrischen Lichtkandelaber mit Brunnen in Anerkennung und Dankbarkeit der Verdienste des verstorbenen Bürgermeisters Theodor Börngen und des jetzigen Aufsichtsratsvorsitzenden des Verbandes, Ökonomierat Arndt Uhlemann als Mitbegründer des E.-V. Gröba.

Mügeln, am 30. Juni 1931
Direktor Korff, Bürgermeister Kern, Stadtverordnetenvorsteher Teschner, B. Schulze, C. Rammer, Joh. Remke, E. Holfert, Fr. Schneider, O. Schöbel

Im Anschluss hieran begab sich die Kommission auf den Marktplatz, wo vor dem Marktbrunnen Herr Direktor Korff in kurzen markigen Worten den Lichtkandelaber mit Brunnen der Stadt Mügeln zur weiteren Pflege übergab mit dem Wunsche, dass dieses Wahrzeichen die Stadt Mügeln auch fernerhin zum Verbande E.-V. Gröba, die E.- Gröba als Mitbegründungsgemeinde ihr eigen wisse und in deren Mauern Männer wohnten und wohnen, die wesentlichen Anteil seinerzeit an der Gründung genommen haben, in gutem Einvernehmen zum Segen der Bewohnerschaft verbinden möge.

Bürgermeister Kern übernahm hierauf den Lichkandelaber mit Marktbrunnen namens der Stadt Mügeln und dankte Herrn Direktor Korff und dem E.-V. Gröba für die herrliche Schenkung und drückte seine Freude darüber aus, dass das Geschaffene schon ein lange Jahre gehegter Wunsch der Mügelner Bevölkerung gewesen sei, und dass der Brunnen einen wesentlichen Schmuck unserer schönen Stadt Mügeln mit bilden werde.

Er sei ein Zeichen dafür, dass Mügeln als Mitbegründungsgemeinde im E.-V. Gröba nicht vergessen werde, dass man seine Bürger, wie den verstorbenen Bürgermeister Börngen und den jetzigen Aufsichtsratsvorsitzenden, Ökonomierat Arndt Uhlemann, die sich damals besondere Verdienste um die Gründung erworben haben, auch für fernere Zeiten ehre. Mügeln werde den Brunnen mit dem Lichtkandelaber in besonderen Ehren halten.

Stadtverordnetenvorsteher Direktor Teschner dankte hierauf namens des Stadtverordnetenkollegiums für die schöne Stiftung dem E.-V. Gröba und gab dem Wunsche Ausdruck, dass nunmehr das schöne helle elektrische Licht auch immer nur fröhliche Gesichter sehen möge, mit anderen Worten, dass nach Überwindung der jetzigen Notzeit die Einwohnerschaft wieder im friedlichen Wettbewerb bei gesichertem Auskommen sich im Scheine der elektrischen Kerzen freuen möge. Damit fand die schlichte Feier ihr Ende.

Zur Gestaltung des Brunnens, der symbolischen Bedeutung der Figuren (Greifen) und Beschriftung der damaligen Tafeln (Wappen) sind weiterhin ausgeführt:
Der Brunnen selbst stammt vom akademischen Bildhauer Kluth in Weinböhla und ist vom Bildhauermeister Müller, ebendaselbst angefertigt worden. Lichtkandelaber und Brunnen sind wirklich zweckmäßig und formschön hergestellt aus Kunststein, der auch hier seine besondere Eignung für derartige Zwecke erweist. Der Künstler hat bei der Schaffung der vier Greifen, welche Fabeltiere mit übernatürlichen Eigenschaften sind, die ankommende Elektrizität durch die Flügel, die Kraft durch Kopf und Pranken, die Fruchtbarkeit durch die Brust des Fabeltieres verkörpern wollen. Der Künstler hat mit dem Geschaffenen eine wirklich glückliche Hand gehabt.
Die vier bronzenen Wappen, die von den Greifen gehalten werden, zeigen folgende Beschriftung:
1. Das Wappen der Stadt Mügeln,
2. Suchet der Stadt Bestes! – Der Wahlspruch unserer Stadt,
3. Von der Stadt Mügeln übernommen im Jahre 1931 durch Bürgermeister Arno Kern, Stadtverordneten-Vorsteher Franz Teschner, Stadtrat F. C. Esperstedt,
4. Bürgermeister Theodor Börngen, Ökonomierat Arndt Uhlemann, Mitbegründer des Elektrizitätsverbandes im Jahre 1910.
Der Brunnen mit dem Lichtkandelaber passt sich dem Marktplatz und seiner Umgebung sehr gut an. Die Wasserinstallation lag in den Händen des Klempnermeisters Otto Kießig, während die Fundamentierungsarbeiten durch Baumeister Schulze ausgeführt wurden.

Alles in allem kann sich die Stadt Mügeln und ihre Einwohnerschaft über diese schöne Stiftung zu Ehren einiger ihrer Bürger von Herzen freuen und dem E.- V. Gröba wirklich von Herzen dankbar sein, denn wie viele Städte unserer Umgebung werden Mügeln um diesen neuen Schmuck ihres Marktplatzes beneiden, außerdem ist durch die Schaffung des Brunnens nicht unwesentlich die allgemeine Wirtschaft belebt worden. Die Lichtwirkung auf dem Markt ist rein fabelhaft, eine der großen Lampen hat eine Leuchtkraft von 300 Watt.

Dass auch damals Missgunst und Zweifeln begegnet werden musste, zeigen die Schlusssätze des Artikels:
Wie wir aus zuverlässiger Quelle hören, betragen die Gesamtkosten des Brunnens mit dem Beleuchtungskandelaber 4000 RM, dies sei ausdrücklich festgestellt, zumal Gerüchte über unsinnige Kostensummen schon zu hören waren. Weiter sei öffentlich festgestellt, dass Mügeln, wenn der Bau des Brunnens nicht schon im Vorjahre beschlossen und in Auftrag gegeben worden wäre, bei der heutigen wirtschaftlichen Lage auch beim E.- V. Gröba, mit einer Bewilligung nicht hätte gerechnet werden können. Mügeln hat demnach noch Glück gehabt!

Wie sich die Zeiten ändern!
Bleibt nur zu hoffen und zu wünschen, dass die Stadt Mügeln, die von jeher für die gesamte Region sowohl in Handwerk und Industrie als auch in Landwirtschaft und Genossenschaftswesen eine stets anerkannte progressive Rolle gespielt hat, auch in der heutigen nicht leichten, aber doch hoffnungsvollen Zeit bei bald wieder sprudelndem und Helligkeit verbreitendem Marktbrunnen einer für alle Einwohner guten und ersprießlichen Entwicklung entgegen geht.